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Günter Grass: Ein guter Mann ist tot

"Zugegeben, ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt, mein Pfleger beobachtet mich, lässt mich kaum aus dem Auge; denn in der Tür ist ein Guckloch..."

Der erste Satz aus der Blechtrommel, dem Buch, was ihn erst richtig berühmt gemacht hat, beschreibt schon den Kern von Günter Grass' Horoskop. Eine 12. Haus-Sonne in der Waage, allein, nicht einsam, beobachtet und beobachtend, mit Mars auch verletzt und verletzend. Ein geheimer Schamane, bei allem Pragmatismus des konzepthaft kämpfenden Skorpion-Merkur in 1, immer irgendwo anders, dahinter, verborgen berührt, bewegt, bezürnbar. Ein Genie, kein zarter Wort-Magier, aber ein Sinn-Stifter, mit dem Schriftsteller-Mond in 9 im Krebs auch ein unruhiger, schwankender Grenzgänger, kaum berechenbar. Nobelpreisträger, ein Erfinder, ein Künstler.

Eine Doppel-Waage, sagt man. Ja, die Schönheit und Geisteskraft, eindeutig - aber ich habe in ihm einen Skorpion-Aszendenten dazu gesehen. Einmal hatte ich die Ehre, mit ihm an einem Tisch zu sitzen, 2006 war das, zur Fussball-WM, wo er nachts, nach einem literarischen Essen, noch per Taxi zum nächsten National-Spiel fuhr, hunderte Kilometer, von der Ostsee in den Süden. entzückt, beseelt von der Vorstellung, knallhart im Plan. Skorpion-AC, da war ich mir sicher, beim Blitzen im Blick. Beim Ich-Will, bei der Lust am Duchsetzen. Aber das ist auch egal, weil es ihn so, wie es ihn gab, jetzt nicht mehr gibt.

Ein guter Mann ist tot. Günter Grass, 87, einer, über dessen literarische Verdienste nichts mehr gesagt werden muss, weil alle sie sowieso kennen. Einer, dessen 12. Haus-Gestalten, mit denen wir aufwuchsen, an die Türen der Zeit klopften, vor der sie letztlich, in ihrer ganze unfassbaren Schönheit, durchwoben von seiner Fantasie, doch gefangen blieben. "Nur" Worte? Nein. Annäherungen an die vielschichtige Wirklichkeit, wie sie nur das 12. Haus erkennt und nie ganz herüberbringt ins Leben. Das liegt im Wesen. In seinen Büchern, die durchtränkt waren von Empfinden und dennoch nie gefühlig oder betrunken von poetischen Ansätzen, lebte all das auf. Das Ungefasste, Durchwehte, der Träumer, ein Allround-Talent, obwohl er so unendlich viel und Wirksames schrieb.

Der Mars saß bei Grass eben auch in diesem Rätsel-Feld, dem Verborgenen, Verdrängten, hinter oder vor den Orten, den Zeiten, bei der Sonne. Störte alles auf. Bewegte, im Elfenbeinturm,dem Standort. Wo ihn seine Leser besuchten, in den Räumen, wo Bilder wahr waren, die aus Gedichten hätten stammen müssen, die er nie richtig durchbrachte: Skorpionische Schränke, immer wieder, die Verstecke unter Röcken des Pluto, Uranus, stets neu: Das uranische Glas-Zersingen oder die Vogel-Jagd oder die Vielwatt-Birnen, in deren grellem Licht Oskar Matzerath geboren wird, ein elfter gewachsener Finger. Uranus, der Mond anschießt. So oder so, er nah dran am Himmel, an den Archtypen und ihren verwunschenen Symbolen hinter den Dornenhecken des 12. Prinzips. Im tiefen, lyrischen Schlaf. Und doch ein Realist, immer anfassbar mit Merkur-Pluto-Trigon und Jungfrau-Venus.

Uranus auf 0° Widder macht auch frei, endlos durchwirkt von Abnabelungen. Damals, bei jenem Essen, brachte er unaufhörlich Späße über das Dasein, den Fussball (ein Neptun-Sport), das Theater, am anderen Tischende. Als ich Grass' Frau Ute Grunert fragte, wie es eigentlich gewesen wäre, damals in Stockholm, mit einem Nobelpreisträger Walzer zu tanzen, lachte sie nur und sagte: "Eigentlich wie immer. Ich kenne ihn ja nur so. Er ist doch mein Mann." Ihr Mann, ein Mann, an keiner Stelle unbescheiden, nichts wirklich Löwehaftes (das ging im Haus 5 Fische verloren oder durch das Neptun-Tabu im Löwen), nichts Übertriebenes. Ein Schreiber. Ein Chronist auch des Landes, das er nicht immer liebte. Das ihm gleich dick eine "Nazi-Vergangenheit" zuwies, als er selbst 2006 bei Saturn Quadrat Merkur und am MC outete, er sei als Junge, mit 17 Jahren, bei der Waffen-SS gewesen. Damals, bei Kriegsende, als er Pluto im Transit auf Löwe-MC hatte und Uranus im Sextil dazu. Endlich erwischt, hieß es. Zu spät gemeldet. Er ließ es ablaufen. Zu Recht. Günter Grass war ja ein Ethiker. Kein Menschen-Verächter, am wenigsten das, weil er sie alle kannte. Neptunische Sonne löst Begrenzungen. Was es kostet, so spät etwas zu sagen, ist dann noch einmal eine ganz andere Sache.

Aber darum geht es der öffentlichen Meinung selten. Mit solchen Lagerungen des 12. Prinzips braucht es kompensation, so dass Saturn in 2 dann wieder begrenzen muss. Er war einer der großen Erzähler, wie sie nicht etwa dieses Land hervorbringt (wie man gern so schön sagt), sondern ihr eigenes Talent. So viel Ehre denen, denen sie gebührt. Er hatte eine immense Begabung. Skorpion drängend und Schütze erweiternd in 2 (dem Feld der Talente, rechts sein Radix via Astro-Databank, Rodden Rating C). Jupiters Zeichen eingeschlossen, mit dem Herrn zwar deutlich spürbar energetisch in 5, aber unsichtbar in den Fischen. Weshalb er wohl einer der wenigen wirklich Großen war, die nicht ihre Größe täglich poliert vor sich her trugen. doppelt damit noch einmal das extreme Gespür für das Tabuisierte, nicht Sagbare, alles, was noch nicht in der Zeit ist. Und auf der anderen Seite auch für Details (das war der Merkur vorn), die er dann mit Herrn 6 in 12 verwandelte in Geheimnisse, nicht umgekehrt. Weil es der Mars war, der hier eingriff ins Ungesagte, Namenlose, wurden Grass' Werke nie zum Geraune, sie waren nicht lyrisch, wie es sonst oft diffus und verschleiert bei 12-6-Schriftstellern entsteht.

Diese Auslassung würde der Jungfrau-Venus als Herrin 7 bei einem Skorpion-AC wunderbar stehen. Kein einziges Mäandern, in fremden Welten der Verrätselung, vor was ihn auch der letztlich wunderbar mehrheitsfähige Merkur in seiner Abstützung durch Pluto und Venus ja auch beschützte (und bei viel gutem Willen und sehr weiten Orben auch insgesamt einem Wasser-Trigon mit Jupiter in den Fischen).

Als Schriftsteller verklausulierte er ja nicht. Er be-schrieb und ließ die Gestalten im Märchenhaften leben, das dann wie Wirklichkeit erschien. Eine Weile. Was er da erfand, die Welten, sie waren so vielfältig, so bunt, so grotesk manchmal - wo Grass mit der Lupe aus Worten auf den Punkt kam (Haus 3, der Selbst-Ausdruck, sitzt vorn im Steinbock und ist maßstäblich). Vielleicht entging er darum lebenslang auch dem Vorwurf, etwa doch zu abgehoben zu sein, wie andere mit neptunischem Touch. Seine Kunst (er malte und bildhauerte ja auch mit Leidenschaft) hatte immer etwas Gegründetes, Sprödes, Reales. Jungfrau-Venus, die Maßstäbe prägt, und als Herrin 7 besser passte. Weshalb Grass tief drinnen zwar ein Lyriker war (man musste ihm nur in die Augen sehen), aber auch mit einem sehr deutlich fassbaren Saturn in 2, den tiefen, tiefen Wurzeln der Verregelung. Er wanderte auf festen Wegen, wo er eigentlich innen schwebte. Er löste sich nicht ab von den Ketten der Welt, auch wo er deren Absurdität beschrieb. Auch wo er noch so Absurdes entdeckte, erfand, entpuppte, gebären half, in die Vorstellung der anderen. Das muss man erst mal fertigbringen. 

Wir könnten angeln gehen und glücklicher werden. Oder das Brausepulver von damals, erinnerst du dich? Du nennst mich Waldmeister, ich brause auf, du willst noch mehr, ich geb' dir den Rest - Maria, Brausepulver, zärtliche Vorschläge!" (Günter Grass)

Als Autor hat dieser Mann alles erlebt: Demütigung (beim heftigen Neptun-Uranus im Quadrat zu Sonne-Mars, als Reich-Ranicki den Roman "Ein weites Feld" buchstäblich zerriss und sich lauthals lustig machte) und die höchsten Weihen. Als Grass neben unzähligen anderen Auszeichnungen am 10.12.1999 den Literatur-Nobelpreis entgegennimmt, ist er sichtlich stolz. Nun steht Saturn aus dem Stier im Quadrat zu seinem MC und Jupiter in Opposition zu Sonne-Mars in Waage. Mehr kann man nicht mehr erreichen als Schriftsteller.

Aber vielleicht spürt diese 12. Haus-Sonne mit dem Mond der Monde im Krebs eben auch, dass mancher Atem stockt, wo es keine Erwartung mehr gibt. Zwei Jahre nach seinem letzten Buch von 2010 dann, schreibt Grass, der immer auch Politiker war, 2012 ein Gedicht, das zum Schlachtfeld wird. "Was gesagt werden muss". (Loop! Artikel: Grass' Schuldfragen: Mit letzter Tinte). Es ist kritisch gegenüber Israel. Der beinharte, oft kompromisslose, nicht verführbare, für andere unverfügbare Skorpion-Merkur (und meiner Meinung nach auch Skorpion-AC) kennt da keine Verwandten, wo eine Wahrheit, wie er sie sieht und die aus 12 drückt, gesagt werden will. Einmal noch ein Riesen-Aufruhr um seine Werke, diesmal von der anderen, der weltweit kritischen Seite. Es war Karfreitag, einer musste ans Kreuz. Wieso nicht dieser, der gerade passend Saturn auf Sonne-Mars gehabt hatte und stahlgebadet war davon, vermutlich im Empfinden auch seiner Endlichkeit. Und nun den Uranus im Quadrat zum Mond - der im Empfinden für klare Perspektive - Haus 9 - wieder mal mit ihm durchgegangen war? Wie so oft keineswegs völlig unpassend, aber eben nicht "pc = political correct" - wie Land und Leute in ihrer Sucht nach demokratisierbaren Scherbengerichten fanden. Zu wenig Volksmeinung darin, Trend. Zu viel Eigen-Sinn. Gerade genug Rigidität aber und immer so viel Kern-Bewusstsein, um gehört zu sein und nicht einfach weggeschoben zu werden. Grass eben. Und Waage, die Meinung macht und spaltet, was immer dann inhaltlich daran ankert.

Günter Grass, der Eigen-Sinnige, stirbt an einer Infektion, schreibt man. Er hinterlässt eine Familie, seine Liebe, Ute Grunert, seine 8 Kinder (6 leibliche und die Söhne seiner Frau). Von dem Weltruhm und den Büchern nicht zu reden. Aber die sind nicht die Hauptsache. Es bleiben von einem Leben Menschen, die man kannte, Menschen, die man bewegte und berührte. Viele bei ihm. Mars ist vor einer Weile über seine Sonne-Mars-Konjunktion in Spannung gelaufen, stand jetzt vorm MC im Quadrat.

Er hat auch längst die wirklich heftigen Zeiten von Pluto-Uranus über seine Empfindung, den Mond, hinter sich gehabt. Und dann erreichen sie auch noch den Pluto. Jetzt. Das hat ihn wohl entkräftet, das hat er nicht mehr geschafft. Der Dichter, der immer ein bisschen dichter war als die anderen, weil vernetzter, verwobener und trotzdem mehr er selbst. Der Schriftsteller mit klassischen Langform-Konstellationen, rund um Haus 9, die so wichtig für Autoren sind, die Welt-Erfinder werden. Ja, ein guter Mann ist tot. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich bin sehr traurig. Und auch wieder nicht, wenn ich das plutonische Gedicht lese, seines, das "Wegzehrung" heisst und das sie nun, zum Tod, auf der Webseite des Günter Grass Hauses veröffentlicht haben. Jetzt, da es soweit ist, da es ihn so nicht mehr gibt, wird er, der doch an eine Menge wirklicher Wirklichkeiten glaubte, vielleicht noch einmal anders verstanden, in seinem 12. ewigen Haus der Bilder, Fantasien und Realitäten, wo er immer noch dichtet und ist und lebt, leb wohl:

Mit einem Sack Nüsse will ich begraben sein und mit neuesten Zähnen. Wenn es dann kracht, wo ich liege, kann vermutet werden: Er ist das, immer noch er."

Bilder (bearbeitet): Florian K., GNU Free Documentation Licence, + SpreeTom (Own work) [Public domain] via Wikimedia Commons

Dienstag, 16. April 2024

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