Das Multiversum des Max Tegmark
"Enemy - thy name is greed. For friendship is frail now that Mammon is God, with marketing screaming: Buy! Own! Have! A friend you can't marry is a mere waste of time. Have to have! Possess! Own! If you can't own, why stay in touch? Not a profitable investment."
Max Tegmark - Friendship
Dieser Auszug aus einem Gedicht stammt nicht etwa von einem namenlosen Sozialrevolutionär, sondern von einem bekannten Wissenschaftler. Der zudem noch der Meinung ist, dass unser gesamtes Sein eigentlich nur eine Art von Mathematik ist, sich also über Formeln und Gleichungen darstellen lässt. Zu allem Überfluss behauptet er auch noch, dass wir Menschen nur die dritt-intelligenteste Spezies auf unserem Planeten sind (nach Delphinen und Mäusen). Dabei hat der Mann eine Stier-Sonne, müsste also aus Sicht einer Pi*Daumen - Astrologie unbedingter Anhänger von „kaufen, besitzen und haben“ sein und nichts mehr lieben als stabile Ansichten und Verhältnisse (siehe auch Super-Stiere: Marx-Max + die Quarks ). Statt genau das vehement in Frage zu stellen.
Aber in den vielen Universen des Max Tegmark ist eben nur wenig so, wie man es allgemeinhin erwarten würde. Denn wenn jemand Mathematik als eine Art Schöpfungssprache bezeichnet, würde man annehmen, dass sich dieser jemand in einem Universum befindet, in dem Begriffe wie Bewusstsein und Wahrnehmung kaum eine Rolle spielen. Max Tegmark ist ein Paradebeispiel dafür, wie wenig Vorurteile mit Wirklichkeit zu tun haben. Er ist Kosmologe und Wissenschafts-Philosoph, seine Aufgabe ist es, neue Gedanken und Theorien zu entwickeln, die die engen Container klassischer Sichtweisen erweitern. Und bisweilen auch komplett sprengen.
Dieser Tage wird er vor allem mit dem Begriff der parallell existierenden Multiuniversen genannt. Darüber hat er auch ein Buch geschrieben, das in seinen Grundaussagen an viele spirituelle Traditionen erinnert. Nur eben in einer Sprache abgefasst, die der heutigen Glaubensrichtung Nummer Eins, der Wissenschaft, entspricht.
Ein Blick in das Radix von Max Tegmark könnte einen schon fast neidisch machen.
Mit Jupiter im Trigon zu Neptun besitzt er die besten Voraussetzungen, um jupiterhafte Visionen auch mit neptunischen Bereichen zu verbinden. Im weitesten Sinne hat er also auch das „Jenseitige“ im Blick oder besser „im Gefühl“. Denn vermutlich reiht sich auch noch ein Fische-Mond in dieses Trigon ein. Der könnte wiederum in Opposition zu Pluto-Uranus stehen und im Quadrat zu einer Zwillings-Venus (in Opposition zum Galaktischen Zentrum).
Damit wäre eine zweite Voraussetzung für forschende Dynamik gegeben, denn Trigone alleine können auch äußerst behäbig und selbstzufrieden machen. Ist aber einer der beteiligten Planeten noch in Spannungsaspekte eingebunden, wird daraus meist eine Art Perpetuum Mobile, das immer genügend Energie erzeugt, um alte Konzepte hinter sich zu lassen. Stier-Sonne mit Stier-Merkur findet dann dafür geeignete Strukturen und Formen, damit sich all die Ideen, Eingebungen und Visionen nicht in der Unendlichkeit verlieren. Sondern selbst diese Rahmenbedingungen bekommen, die zwar nicht alles in Stein meiseln, aber zumindest eine gewisse Orientierung bieten.
Denn üblicherweise taucht der Begriff von Parallel-Universen meistens nur in diversen Star-Trek Episoden auf. Tegmark gibt ihnen ein Gesicht und unterteilt sie in vier verschiedene Ausdrucksformen. Allen liegt eine gemeinsame Annahme zugrunde: seit Menschen den Raum erforschen, zeigt sich immer wieder dasselbe Prinzip. Anfangs war nur die eigentliche, unmittelbare Lebensumgebung „das Universum“ in seiner Gesamtheit. Später entdeckte man neue Landschaften, die zwar völlig anders gestaltet waren, aber aus denselben Bausteinen bestanden. Die Einzigartigkeit der Erde selbst, wurde abgelöst durch die Einzigartigkeit der Sonne. Bis man feststellte, dass es auch von ihrem Typus unendlich viele gab. Aber auch deren Zusammenfassung in einer einzigen Galaxis stellte sich als zu kurz gesprungen heraus, heute leben wir in einem Universum, in dem es unendlich viele solcher Sonnenansammlungen zu geben scheint.
Aber auch dieses eine Universum ist in der Vorstellung von Tegmark viel zu klein. Warum sollte sich der Prozess der Schöpfung nur einziges Mal innerhalb der Raum-Zeit ereignet haben. Nein, er und viele andere Forscher gehen heute davon aus, dass es unendlich viele solcher Universen gibt. Die parallel und gleichzeitig existieren. Tegmarks neuer Ansatz besteht vor allem darin, hier erste Strukturen anzudenken.
Parallel-Universen der Kategorie eins befinden sich jenseits des von uns wahrnehmbaren Horizonts, ihnen liegen aber dieselben Naturgesetze zugrunde, die auch in unserem Universum Gültigkeit haben. Aufgrund der unendlichen Ausdehnung des Raumes ist dort genügend „Platz“ für jede nur vorstellbare Welt, die innerhalb dieser Parameter möglich ist.
Kategorie zwei spricht von Universen und Welten, in denen sich die Elementarteilchen auf völlig andere Art und Weise verbinden, als wir das kennen. Dort herrschen also auch völlig andere Naturgesetze und somit völlig neue, für uns kaum vorstellbare Variationen von Existenz.
In den Parallel-Welten dritten Grades findet sich all das wieder, was nach den Gesetzen der Quantenmechanik möglich wird. Vereinfacht ausgedrückt – jede Lebensform und –situation, für deren Existenz zumindest eine theoretische Möglichkeit besteht, wird hier manifest. Im Prinzip würde das bedeuten, dass unsere Erde in unzählig vielen Varianten besteht. Und diese sich womöglich nur in winzigen Details unterscheiden.
Aber all diese Unfassbarkeit und Ungeheuerlichkeit findet sich für Tegmark in der Mathematik wieder. Irgendwann, so sagt er, wenn wir auch die letzten Geheimnisse des Lebens ergründet haben, wird sich für uns die Natur vollständig in Mathematik auflösen. Oder anders ausgedrückt: Leben lässt sich nicht nur über Mathematik beschreiben, sondern es ist nichts anderes als pure Mathematik.
Spätestens hier werden sich vermutlich viele Astrologen und spirituelle Sucher verabschieden. Das Leben selbst als pure Mathematik zu beschreiben, erscheint, oberflächlich betrachtet, als Blasphemie. Als bizarre Überzeichnung dessen, was große Teile der Wissenschaft, seit geraumer Zeit als Wirklichkeit darstellen. Aber geht man einen Schritt weiter, steckt in Tegmarks Aussage eine völlig andere Botschaft.
Denn genau genommen ist auch das astrologische Modell reine Mathematik. Es ist ein theoretisches Konstrukt, dass sich auf äußere Erscheinungsformen und Wahrnehmungen bezieht. Anhand von Gleichungen, die sich im Rahmen jahrtausendelanger Beobachtungen als sinnvoll erwiesen haben, wird darüber Leben und Existenz bis hin zu feinsten Details beschrieben. Astrologische Formeln benutzen statt Zahlen eben Symbole, die ähnlich wie Zahlen stellvertretend für bestimmte Inhalte stehen. Algebra und Geometrie-Kenntnisse waren immer unabdingbare Voraussetzungen für die Berechnungen astrologischer Modelle. Wenn Tegmark recht hat, dann bedeutet seine Aussage über Mathematik nichts anders, als das sich Leben und Natur auch in einem weiterführenden, mathematischen Modell wie der Astrologie wieder finden lassen.
Da aber beide Systeme, Mathematik und Astrologie, Schöpfungen des menschlichen Geistes und Ausdruck unserer Möglichkeiten sind, Verständnis und damit auch ein Bewusstsein über unsere eigene Existenz zu entwickeln, kann man seine Aussage in Bezug auf die letzten Geheimnisse auch so verstehen: am Ende werden wir erkennen, dass wir selbst die Schöpfer dieser Universen sind.
Bei all dem, bleibt Tegmark aber immer noch angenehm bodenständig, dem Stier in ihm sei es gedankt. Und so endet auch das anfangs erwähnte Gedicht mit den Worten:
A faithful friend. Endangered species? Another old ideal that's soon extinct?
I still believe in friendship. Do you?
Ein hilfreicher Hinweis darauf, worum es im Leben immer gehen wird. Um sehr einfache Dinge wie zum Beispiel Freundschaft, Liebe und Verständnis. Ohne sie bleibt jede neue Erkenntnis in all diesen unendlich vielen Universen bedeutungslos.
Links zum Thema:
Parallel-Universen, ein Spiegel Artikel von 2009
Max Tegmark auf Wikipedia
Homepage von Max Tegmark
Ein Interview mit ihm zum Thema Raum-Zeit
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